Schwerste internationale Verbrechen: Gerechtigkeit durch nationale Gerichte? – Rückblick auf die ICL Conference 2021

Wann

14. bis 16. Oktober 2021

Wo

Juristische Fakultät, Universität Wien + Online

Was – und wie – können nationale Gerichte zur Verfolgung internationaler Straftaten beitragen? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer internationalen Konferenz zum Thema „International Criminal Law before Domestic Courts“, die das Ludwig Boltzmann Institut für Grund- und Menschenrechte (LBI-GMR) in Kooperation mit der Universität Wien vom 14.–16. Oktober 2021 in Wien veranstaltet hat. Die mehr als 200 Teilnehmer*innen der hybriden Konferenz – darunter Vertreter*innen des Internationalen Strafgerichtshofes, der Europäischen Stelle für justizielle Zusammenarbeit, der Commission for International Justice and Accountability sowie von Strafverfolgungsbehörden aus Österreich, Deutschland und den Niederlanden – diskutierten über aktuelle Herausforderungen und Probleme der Verfolgung und Aburteilung sogenannter internationaler Kernverbrechen.

„Dass wir internationale Verbrechen verfolgen können, ist ein zentraler Baustein für die Durchsetzung der Menschenrechte“, betonte Universitätsprofessor Michael Lysander Fremuth als Veranstalter in seiner Begrüßung. Jedoch stoßen mit dieser schwierigen Aufgabe auf internationaler Ebene befasste Institutionen wie etwa der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag regelmäßig auf Widerstand. Daher kommt nationalen Gerichten bei der Verfolgung und Aburteilung internationaler Verbrechen nicht zuletzt zum Zweck des Menschenrechtsschutzes eine besondere Bedeutung zu. Dies machte auch Justizministerin Alma Zadić in ihrer Eröffnungsrede deutlich. Das Völkerstrafrecht, so Zadić, trage zum Schutz der Weltordnung bei und ermögliche künftigen Generationen die Bewältigung ihrer politischen und gesellschaftlichen Vergangenheit. „Bei der Verfolgung der Nazi-Verbrechen hat die österreichische Justiz allerdings nicht genug getan, das müssen wir uns eingestehen“, räumte Zadić ein. Durch die Ratifizierung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs habe die Republik Österreich jedoch ihren Willen bekundet, diese Verbrechen wirksam und konsequent zu verfolgen, die Täter*innen zur Rechenschaft zu ziehen und damit einen Beitrag zur Verhütung der Begehung weiterer solcher Verbrechen zu leisten.

Eben diesen im Römischen Statut niedergelegten Pflicht der Vertragsstaaten zur Verfolgung und Aburteilung internationaler Verbrechen widmete sich Völkerrechtsdoyen William Schabas, Middlesex University London, in seiner Keynote-Speech. Auf nationaler Ebene gebe es eine Vielzahl von Mitteln und Mechanismen, um Gerechtigkeit für die Opfer internationaler Verbrechen zu erreichen. Deren korrekte Anwendung erfordere jedoch ein hohes Maß an Besonnenheit der Verantwortlichen in den Reihen der Justiz und eine sorgfältige Bewertung der Umstände des jeweils in Rede stehenden Falls, so Schabas.

Weitere prominente Völkerrechtswissenschaftler*innen und -praktiker*innen – darunter Harmen van der Wilt, Professor für Völkerstrafrecht an der Universität Amsterdam, Kai Ambos, Professor an der Georg August Universität Göttingen und Cuno Tarfusser, ehemaliger Vizepräsident des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag – diskutierten die gegenseitige Abhängigkeit von nationalen und internationalen Gerichten im Bereich des Völkerstrafrechts und gaben interessante Einblicke in die aktuelle völkerrechtliche Praxis. So ging etwa Federica D’Alessandra, stellvertretende Direktorin des Institute for Ethics, Law, and Armed Conflict (ELAC) der Blavatnik School of Government der University of Oxford, dem Potential neuer Technologien bei der Aufdeckung und Untersuchung von Massengräueltaten nach. Matevž Pezdirc, Leiter des Sekretariats des Europäischen Netzwerks für die Untersuchung und Verfolgung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen („Genocide Network“), widmete sich in seinem Vortrag dem Potenzial nationaler Gerichtsbarkeiten innerhalb der Europäischen Union (EU) im Kampf gegen den Immunitätsschutz hochrangiger Straftäter*innen. Richterin Christine Gödl vom Österreichischen Bundesministeriums für Justiz berichtete abschließend von den neuesten Entwicklungen im Bereich der internationalen Strafverfolgung in Österreich.

Der Webcast der Konferenz wird in Kürze unter folgender Adresse verfügbar sein: https://iclconference21.com.

Ein Tagungsband mit den Beiträgen sämtlicher Vortragenden wird im kommenden Jahr in der Schriftenreihe des LBI-GMR „Menschen.Rechte!“ beim MANZ Verlag erscheinen.

a. Participants of the ICL Conference 21
b. Michael Lysander Fremuth begrüßt Justizministerin Alma Zadić auf der ICL Conference
c. Begrüßung der Teilnehmer*innen vor Ort und Eröffnung der ICL Konferenz durch Michael Lysander Fremuth
d. Eröffnungsrede von Justizministerin Alma Zadić