Abschluss des Projekts: LGBTIQ in Haft – Stärkung der Rechte von LGBTIQ-Personen in Haft in der EU
In den letzten 1,5 Jahren hat das Projekt „LGBTIQ Detainees“ die Situation von LGBTIQ-Personen in Haft in der EU untersucht. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität und Geschlechtsausdruck innerhalb des Strafvollzugssystems aktiver zu adressieren sowie die Unterstützung, Betreuung und den Schutz von LGBTIQ-Personen unter Berücksichtigung ihrer spezifischen und individuellen Bedürfnisse zu stärken.
LGBTIQ-Personen stellen bis heute einen weitgehend unsichtbaren Teil der Gefängnispopulation dar. Bislang gab es nur wenige Initiativen, die sich mit der Situation von LGBTIQ-Personen in Haft befasst haben. Die spezifischen Herausforderungen, Risiken und Formen der Diskriminierung, mit denen sie sich in Haftanstalten konfrontiert sehen, wurde infolge kaum berücksichtigt. Das von der Europäischen Kommission kofinanzierte Projekt „LGBTIQ in Haft – Stärkung der Rechte von LGBTIQ-Personen in Haft in der EU” verfolgte daher das Ziel, den rechtlichen und politischen Rahmen EU-weit zu erfassen und die Praxis-Situation im Lichte der einschlägigen internationalen und regionalen Menschenrechtsstandards zu bewerten.
Das Projekt unter der Leitung des Ludwig Boltzmann Instituts für Grund- und Menschenrechte (LBI-GMR) wurde gleichzeitig in Österreich, Italien (Associazione Antigone), Griechenland (Europäisches Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte) und Ungarn (Hungarian Helsinki Committee) durchgeführt. Zusätzlich zur Sekundärforschung umfassten die Projektaktivitäten Interviews mit LGBTIQ-Personen mit Hafterfahrung sowie Konsultationen (Interviews und Fokusgruppen) mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für LGBTIQ-Rechte einsetzen, Rechtsanwält:innen, nationalen Präventionsmechanismen sowie Menschenrechtsinstitutionen, Mitarbeiter:innen der Justiz und des Strafvollzugs. Insgesamt führten die Projektpartner:innen 107 Interviews in vier Ländern durch. Alle nationalen Forschungsteams wurden von nationalen „Koalitionen begleitet“, also beratenden Gremien, die sich aus jeweils vier Mitgliedern zusammensetzten. Diese unterstützten das Projektteam dabei sicherzustellen, dass die Perspektive von LGBTIQ-Personen im Verlauf des gesamten Projekts konsequent vertreten war.
Darüber hinaus führte das LBI-GMR Untersuchungen auf europäischer Ebene durch und befragte internationale, regionale und nationale Expert:innen aus anderen (EU-)Ländern, um Trends, gemeinsame Herausforderungen und vielversprechende Praktiken zu identifizieren. Zu diesem Zweck fand von 31. März bis 1. April 2025 ein EU-weiter Konsultationsworkshop statt, um vorläufige Ergebnisse zu diskutieren und einen grenzüberschreitenden Austausch zu ermöglichen. Über 50 Expert:innen aus der EU und Europa nahmen teil.
Der „Regional Report“ bietet einen Überblick über die internationalen und regionalen Menschenrechtsstandards für LGBTIQ-Personen in Haft, bewertet die Situation in der Praxis und hebt gemeinsame Herausforderungen sowie vielversprechende Praktiken hervor. Der Regional Report enthält darüber hinaus Empfehlungen zur regionalen wie auch nationalen Ebene, um die Rechte von LGBTIQ-Personen in Haft in der EU zu fördern.
Die nationalen Ergebnisse sind wiederum in vier nationalen Berichten zusammengefasst, die eine tiefergehende Analyse des aktuellen rechtlichen und politischen Rahmens für LGBTIQ-Personen in Haft sowie eine Bewertung der praktischen Situation von LGBTIQ-Personen in Haft in den vier Partnerländern enthalten. Die nationalen Berichte sind sowohl in englischer Sprache als auch in der jeweiligen Landessprache verfügbar. Die Forschungsergebnisse und Veröffentlichungen wurden am 17. September 2025 im Rahmen eines Webinars vorgestellt.
Die Ergebnisse heben hervor, dass LGBTIQ-Personen keine homogene „Gruppe“ sind und dass die Erfahrungen von inhaftierten Personen sehr unterschiedlich ausfallen können. In aktuellen Diskursen standen oftmals Fragen im Zusammenhang mit trans* Personen in Haft, z. B. hinsichtlich Unterbringung oder Zugang zu spezifischen Gesundheitsleistungen, im Vordergrund, während die Erfahrungen von intersexuellen oder nicht-binären Personen unterrepräsentiert blieben.
Das Projekt identifizierte zwar in einigen Ländern aktuelle Leit- und Richtlinien zur Behandlung von LGBTIQ-Personen im Strafvollzug, doch viele Länder verfügen nach wie vor nicht über spezifische Regelungen. Das Projekt zeigte ferner, dass in jenen Ländern, in denen sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität mit bedacht und gesonderte Maßnahmen getroffen werden, oft eine Trennung von LGBTIQ-Personen von anderen inhaftierten Personen stattfindet. Strafvollzugssysteme müssen Vielfalt anerkennen und individuelle Bedürfnisse entsprechend berücksichtigen, wobei eine Trennung von inhaftierten Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität oder ihrem Geschlechtsausdruck vermieden werden sollte.
Die Projektergebnisse weisen auf eine Vielzahl von Herausforderungen hin, die sich auf die Zuweisung und Unterbringung, den Zugang zu spezifischer Gesundheitsversorgung, Sicherheit, Haftbedingungen und das tägliche Leben in Haft beziehen.
Sie finden sämtliche Projektberichte im Download-Bereich rechts.
- LGBTIQ-Personen in Haft Nationaler Bericht Österreich (DE)
- LGBTIQ-Personen in Haft Nationaler Bericht Österreich (EN)
- LGBTIQ-Personen in Haft Nationaler Bericht Griechenland (EN)
- LGBTIQ-Personen in Haft Nationaler Bericht Griechenland (GR)
- LGBTIQ-Personen in Haft Nationaler Bericht Ungarn (EN)
- LGBTIQ-Personen in Haft Nationaler Bericht Ungarn (HU)
- LGBTIQ-Personen in Haft Nationaler Bericht Italien (EN)
- LGBTIQ-Personen in Haft Nationaler Bericht Italien (IT)
- LGBTIQ-Personen in Haft Regionaler Bericht (EN)