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20 Jul 2012 von Ludwig Boltzmann

Grundversorgung für AsylwerberInnen in Österreich muss deutlich angehoben werden

Presseaussendung – 20.07.2012
Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts zu AsylbewerberInnen sollte Anlass sein, die Grundversorgung für AsylwerberInnen in Österreich deutlich anzuheben, mahnt das Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte (BIM).

Wien, 20. Juli 2012 – Die bisherigen Sätze für die Lebenshaltungskosten deutscher AsylbewerberInnen sind nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, da menschenunwürdig und müssen sofort erhöht werden – so hat am 18. Juli das deutsche Bundesverfassungsgericht entschieden.

Seit 1993 bekommt einE AsylbewerberIn unverändert ca. 224 Euro pro Monat, 150 Euro weniger als einE Hartz IV EmpfängerIn, dabei gilt der Hartz IV Satz in Deutschland bereits als Existenzminimum.

„In Österreich mit seinen – in Großstädten – teilweise noch höheren Lebenshaltungskosten sind die Sätze für Asylsuchende sogar noch unangemessener und dringend reformbedürftig“, sagt Hannes Tretter, Leiter des BIM.

EinE AsylwerberIn, dem/der eine Unterkunft gestellt wurde, bekommt in Österreich maximal 190 Euro, davon sind 150 Euro Essensgeld, welches zum Teil in Sachleistungen ausgegeben wird. Weitere 40 Euro, die in jedem Fall bar ausgezahlt werden, müssen für körperliche Pflege, einen Haarschnitt und den Busfahrschein reichen. Damit hat einE AsylbewerberIn maximal 6,30 Euro pro Tag für Nahrung und sonstige Ausgaben zur Verfügung.

„Es ist offensichtlich, dass das völlig unzureichend ist – vor allem, wenn man bedenkt, dass die bedarfsorientierte Mindestsicherung in Österreich bei ca. 770 Euro liegt“, so Tretter.

Der österreichische Gesetzgeber hat damit ähnlich wie der deutsche offenbar verschiedene Existenzminima für Asylsuchende und für StaatsbürgerInnen definiert. Bereits Anfang 2006 hatte der UN Ausschuss, der die Implementierung des UN Sozialpaktes überwacht, kritisiert, dass Unterstützungsleistungen für Asylsuchende oft erheblich niedriger sind als Sozialleistungen für ÖsterreicherInnen und empfahl diese Praxis zu ändern. Auch unter der EU Grundrechtecharta, die Menschenwürde und soziale Sicherheit schützt, bestehen entsprechende Verpflichtungen für Österreich.

„Diese Vorgehensweise zeugt von einer nicht länger hinnehmbaren Diskriminierung und Geringschätzung Asylsuchender. Mensch ist Mensch mit allen vergleichbaren Bedürfnissen, und Supermärkte verkaufen Asylsuchenden ihre Nahrung ja nicht billiger“, sagt Tretter.

In seiner Begründung erinnert das deutsche Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber daran, dass es nicht nur auf die physische Existenz der Asylbewerber ankomme, sondern dass die Unterstützung auch und vor allem ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischem Leben möglich machen müsse.

„Sechs Euro am Tag reichen nicht, um drei Mahlzeiten zu sichern, geschweige denn davon auch noch Seife, Zahnpasta und einen Fahrschein bezahlen zu können. Ein Kino- oder Museumsbesuch oder auch nur ein Besuch im Freibad, jetzt im Sommer, sind da sicher nicht mehr möglich.“, so Tretter.