20 Mrz 2023 von lbigmr

Stärkung der Beschuldigtenrechte in Strafverfahren: Neue Factsheets zeigen aussichtsreiche Praktiken auf

Das Ludwig Boltzmann Institut für Grund- und Menschenrechte veröffentlicht gemeinsam mit seinen Partner:innen aus Belgien, Irland, Spanien und Rumänien Factsheets und Videos über aussichtsreiche Praktiken, die zur Umsetzung der EU-Verfahrensrechtsrichtlinien beitragen sollen.

Das von der EU finanzierten Projekt „Vom Gesetz zur Praxis: Strengthening procedural rights in police custody (ProRPC)“ zielt darauf ab, durch die Identifizierung aussichtsreicher Praktiken in allen Partnerländern zu einer effektiven Umsetzung der EU-Verfahrensrichtlinien beizutragen. Das Projekt wurde mit Partner:innen von International Rights Spain (Spanien), Association for the Defense of Human Rights in Romania – the Helsinki Committee (Rumänien), Irish Council for Civil Liberties (Irland) und Fair Trials Europe (Belgien) durchgeführt. Mit Hilfe von Sekundärforschung und mehreren Projektkonsultationen, wie etwa nationalen Diskussionsrunden und regionalen Konsultationstreffen mit Expert:innen aus verschiedenen Bereichen, wurden aussichtsreiche Praktiken ermittelt. Diese Erkenntnisse sind nun in leicht zugänglichen Factsheets für alle Akteur:innn der Strafjustiz sowie alle Akteur:innn, die an einer Reform ihres nationalen Systems interessiert sind, zusammengefasst. Die Factsheets enthalten Informationen über die Reformprozesse in ausgewählten EU-Ländern und sollen so als nützliche Anregungen zur Stärkung der Verfahrensrechte und zur Überwindung bestehender Hindernisse dienen. Darüber hinaus hat Fair Trials Kurzvideos entwickelt, in denen mehr Informationen über spezifische Praktiken und aussichtsreiche Initiativen visualisiert werden.

Die vier Factsheets und die dazugehörigen Videos dieser Reihe widmen sich folgenden Themen:

  • „Recht auf Information“ verfasst von Nora Katona und Giuliana Monina (LBI-GMR) – Verdächtige können ihre Rechte nicht wirksam wahrnehmen, wenn sie nicht angemessen informiert werden. Das Factsheet beschreibt aussichtsreiche Praktiken aus Österreich, Belgien, den Niederlanden und Irland. Vorgestellt werden etwa IT-Tools zur Unterstützung von Polizeibeamt:innen bei der mündlichen Auskunftserteilung an Verdächtige und Beschuldigte sowie Initiativen, die die Erklärung der Rechte leichter zugänglich machen.
  • „Zugang zu einem Rechtsbeistand“ geschrieben von Livia Popa and Georgiana Gheorghe (APADOR-CH) – Wenn sich eine Person in Polizeigewahrsam befindet, kennt sie oft keinen Anwalt und verlässt sich auf die rechtliche Vertretung durch die Polizei. Das Factsheet behandelt aussichtsreiche Praktiken aus Rumänien, Spanien und Belgien, die beinhalten, dass mit einer Onlineanwendung ein geeigneter, verpflichtender Rechtsbeistand nach dem Zufallsprinzip ausgewählt wird.
  • „Recht auf Prozesskostenhilfe“ geschrieben von Rights International Spain – Der Zugang zu Prozesskostenhilfe ist für Menschen, die sich keinen Anwalt leisten können, von zentraler Bedeutung, um Zugang zum Recht zu erhalten und weitere Verarmung sowie soziale Ausgrenzung zu vermeiden. Das Factsheet behandelt aussichtsreiche Praktiken aus Spanien sowie aus Luxemburg, den Niederlanden und Finnland.
  • „Audiovisuelle Aufnahmen von polizeilichen Vernehmungen“ geschrieben von Sarah O’Malley and Elizabeth Carthy (ICCL) – Audiovisuelle Aufnahmen gewährleisten nicht nur den Schutz der verhörten Person, sondern schützen die Polizei auch vor falschen Anschuldigungen wegen Misshandlung oder Nötigung. Sie untermauern, dass Geständnisse die während des Polizeigewahrsams ohne Druck abgelegt wurden und tragen zur Transparenz bei. Dies wiederum stärkt das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Polizei. Das Factsheet befasst sich mit dem in Irland angewandten System der audiovisuellen Aufzeichnung und zeigt auf, wie die Reformen zustande kamen und welche Herausforderungen heute noch bestehen. Außerdem nimmt es Bezug auf Praktiken in Kroatien und Frankreich.