Wissenschaft braucht Freiheit
Wissenschaftler:innen dreier Ludwig Boltzmann Institute präsentierten ihre Forschungsergebnisse zum Thema „Gewalt, Erinnerung und Versöhnung“.
„Wissenschaft braucht Freiheit, damit sie sinnvoll in die Gesellschaft wirken und dort Mehrwert stiften kann“, eröffnete Michael Lysander Fremuth, wissenschaftlicher Leiter des Ludwig Boltzmann Instituts für Grund- und Menschenrechte (LBI-GMR) und Professor für Grund- und Menschenrechte an der Universität Wien, die Tagung „Gewalt, Erinnerung und Versöhnung: Wahrheit als Konfliktfeld zwischen Wissenschaft und Demokratie“. Die Veranstaltung fand am 3. April 2025 auf Einladung der drei Ludwig Boltzmann Institute für Grund- und Menschenrechte (LBI-GMR), Kriegsfolgenforschung (BIK) und Digital History (LBIDH) im Juridicum der Universität Wien statt. Sie widmete sich der tiefgehenden Aufarbeitung des Nationalsozialismus ebenso wie u.a. sexueller Gewalt in Konflikten, den Möglichkeiten der Versöhnung im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie der Gefahr von sogenannten Deepfakes, also täuschend echt wirkenden, aber gefälschten Videoaufnahmen, in internationalen Strafverfahren.
Entsprechend dem Motto der Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG) solle die Tagung einen Beitrag leisten, um Wissenschaft für die Menschen und für die Gesellschaft – also „Science for Society“ – zu betreiben, waren sich die Veranstalter:innen einig. Barbara Weitgruber, Sektionschefin des Bundesministeriums für Frauen, Wissenschaft und Forschung (BMFWF) ergänzte dies um den Anspruch einer „Science for Policy“ und betonte damit die gemeinsame Verantwortung von Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft in der aktuellen krisenbehafteten Zeit. Die Präsidentin der LBG, Freyja-Maria Smolle-Jüttner, machte die Relevanz von Erinnerung und Versöhnung mit folgenden Worten deutlich: „Geschichte wurde immer gleichgesetzt mit Vergangenheit. In den letzten Jahren wurden wir eines Besseren belehrt. Versöhnung kann nur auf festem Boden von Fakten und Tatsachen stattfinden – diese Fakten liefert die Wissenschaft. Wissenschaft und Forschung dienen als fünfte Macht im Staat.“
Barbara Stelzl-Marx, Direktorin des BIK, formulierte einen Appel gegen das Verschweigen und Verdrängen und für das Erinnern. Sie betonte: „Die Vergangenheit ist nicht abgeschlossen, sondern gegenwärtig, gerade in Zeiten multipler Krisen.“ Auf die Frage aus dem Publikum, wie Versöhnung möglich sei, antwortete Ingo Zechner, Direktor des LBIDH, klar mit den Worten: „Zuerst müssen die Opfer befragt werden, ob sie überhaupt eine Versöhnung wünschen und mit wem. Das ist die Grundlage für alles Weitere.“
Im Anschluss an die Panels und die Publikumsdiskussion luden die Veranstalter:innen zum geselligen Ausklang.
Die Ludwig Boltzmann Gesellschaft und ihre Institute sind der gesellschaftspolitisch relevanten Forschung verpflichtet. Sie greifen aktuelle Themen auf, die die Menschen beschäftigen, und übersetzen ihre Forschungsergebnisse in praktische Relevanz. Unter dem Titel „Wissenschaft, Wahrheit und Demokratie“ (WWD) haben sich die drei Ludwig Boltzmann Institute für Grund- und Menschenrechte, Kriegsfolgenforschung und Digital History zu einer intensiveren Kooperation zusammengeschlossen. Auf diese erste Tagung werden weitere gemeinsame Projekte folgen. Ziel ist es, Expertise zu bündeln, Synergien zu heben und einen akademischen Beitrag zur Versachlichung in Zeiten multipler Krisen zu leisten.