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24 Apr 2024 von lbigmr

Wir erinnern: Elf Jahre Rana Plaza

Am heutigen 24. April 2024 jährt sich der verheerende Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in der Nähe der Metropole Dhaka in Bangladesch zum elften Mal. Das Unglück zeigt, welch verheerende Folgen die Missachtung von Standards zu Arbeitssicherheit haben kann.

Die Tragödie ereignete sich am 24. April 2013. Sie kostete mehr als 1.000 Menschen, ein Großteil davon Frauen, die zu dem Zeitpunkt in dem Gebäude beschäftigt waren, das Leben, mehr als 2.000 weitere wurden verletzt. Viele der Überlebenden leben heute in extremer Armut. Bereits einige Zeit vor dem Einsturz waren Risse im Mauerwerk des Gebäudes aufgefallen, jedoch keine Maßnahmen zum Schutz der Arbeiter:innen getroffen worden. Der Fall Rana Plaza löste eine weltweite Debatte über die schlechten und sogar lebensgefährlichen Arbeitsbedingungen im Textilsektor in Bangladesch bzw. im gesamten Globalen Süden aus. Denn in vielen der betroffenen Fabriken ließen große (europäische) Modeunternehmen – darunter C&A, Primark und KiK bzw. deren Zulieferer – ihre Waren für den Export produzieren. Nur wenige Tage nach dem Einsturz, am 15. Mai 2013, wurde der „Accord on Fire and Building Safety in Bangladesh” unterzeichnet und etliche Textilfabriken auf die Einhaltung internationaler Arbeitsstandards überprüft. Der sogenannte “Bangladesh Accord” ist eine rechtlich bindende Vereinbarung zwischen globalen Marken und Einzelhändlern, der IndustriALL Global Union und UNI Global Union sowie acht ihrer Mitgliedsgewerkschaften in Bangladesch. Das ursprünglich nur auf fünf Jahre befristete Übereinkommen wurde im Jahr 2018 um weitere drei Jahre verlängert und im Jahr 2021 vom „International Accord for Health and Safety in the Textile and Garment Industry“ abgelöst. Die Unterzeichnenden versichern, sich für eine sichere und gesunde Bekleidungs- und Textilindustrie in Bangladesch einzusetzen. Im Jahr 2023 einigten sie sich zudem auf die Etablierung eines neuen, zunächst auf drei Jahre angelegten Programms zur Arbeitssicherheit in Pakistan. Die Grundlage dafür legt der „Pakistan Accord on Health & Safety in the Textile and Garment Industry“ (oder kurz „Pakistan Accord“).

Dennoch sind die Arbeitsbedingungen in vielen Ländern des Globalen Südens, aber auch in einigen Staaten auf dem europäischen Kontinent (z.B. Belarus, Türkei) weiterhin prekär: Vor allem für Frauen gehören Ausbeutung und massive Unterbezahlung zum Arbeitsalltag; fehlender oder zu geringer Mindestlohn, massenhafte Überstunden sowie die Missachtung des Rechts, Gewerkschaften und Vereinigungen zu bilden, sind in vielen Betrieben zugunsten günstiger Produktionsbedingungen an der Tagesordnung. Betroffen sind u.a. das Recht auf gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen, auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die jedem Menschen und der eigenen Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, sowie das Recht, zum Schutz der eigenen Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten.

Das Ludwig Boltzmann Institut für Grund- und Menschenrechte (LBI-GMR) forscht im Rahmen seiner Programmlinie „Nachhaltigkeit, Entwicklung, Wirtschaft und Soziales“ (NEWS) u.a. zur Einhaltung von Menschenrechten und internationalen Arbeitsstandards in den Liefer- bzw. Wertschöpfungsketten. Gemeinsam mit dem Institut für Nachhaltigkeit, Unternehmensrecht und Reporting (INUR) der Universität Köln arbeitet das LBI-GMR an einer von der Kammer für Arbeiter und Angestellte (AK) Wien geförderten Studie zum Thema menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflicht von Unternehmen in der Liefer- bzw. Wertschöpfungskette.

a. ©Pexels_RioLecatompessy