Wirtschaft und Menschenrechte: Aktuelle Forschungsergebnisse
Können Opfer eines verheerenden Feuers in einer pakistanischen Textilfabrik Entschädigung vom Hauptkunden der Fabrik, einem Discounter in Deutschland, erhalten? Welche Alternativen gibt es zu Gerichtsverfahren? Können Unternehmen für Arbeitsausbeutung verantwortlich gemacht werden? Das Social Justice-Team des BIM arbeitet zu diesen Fragen. Die Verbindung von unterschiedlichen Expertisen führte zu einigen neuen Forschungsergebnissen im Bereich „Wirtschaft und Menschenrechte“, die wir Ihnen gerne vorstellen möchten.
UN Sonderbeauftragter John Ruggie stützt die Diskussion zu „Wirtschaft und Menschenrechte“ auf drei Säulen: Schutz, Achtung und Abhilfe. Die darauf basierenden UN-Leitprinzipien zu Wirtschaft und Menschenrechte zeigen, dass Staaten verpflichtet sind, Menschen vor Verletzungen durch Unternehmen zu schützen. Das Social Justice-Team arbeitet zu allen drei Säulen und untersucht die Umsetzung der Leitprinzipien in der Praxis.
„Abhilfe“ als dritte Säule der UN Leitprinzipien beschreibt, dass Opfer von unternehmensbezogenen Menschenrechtsverletzungen Zugang zu Recht erhalten sollen, inklusive außergerichtlicher Beschwerdemechanismen. Aufbauend auf früherer Forschung in dem Bereich veröffentlichte das Team kürzlich ein Buch über die Effektivität außergerichtlicher Mechanismen. Die Autorinnen untersuchten die Stärken und Schwächen verschiedener Mechanismen und entwickelten Qualitätsanforderungen für außergerichtliche Beschwerdemechanismen.
Zu außergerichtlichen Rechtsmitteln zählen auch innerbetriebliche Beschwerdemechanismen. Im Rahmen eines EU-Projekts über die Haftung von europäischen Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen – gerichtliche und außergerichtliche Möglichkeiten analysierte das Team die innerbetrieblichen Mechanismen europäischer Unternehmen. Das Buch mit allen Ergebnissen kann beim Verlag Routledge vorab bestellt werden.
Die Forschung am BIM zeigt, dass es derzeit noch wenig Wissen über die Anwendung dieser Mechanismen gibt. Außergerichtliche Beschwerdemechanismen können für Opfer von unternehmensbezogenen Menschenrechtsverletzungen als einfacher zugängliche Rechtsbehelfe von Vorteil sein. Sie dürfen jedoch gerichtliche Rechtsmittel nicht ersetzen, vor allem bei schweren Menschenrechtsverletzungen. Aber gerade hier gibt es Defizite in vielen Ländern, die adressiert werden müssen.
Im Zuge eines Projekts über die Unternehmenshaftung für Menschenhandel erforscht das Team derzeit rechtliche Möglichkeiten, damit Betroffene Ansprüche wie nicht bezahlte Löhne gegen Unternehmen geltend machen können. Die Ergebnisse werden im Laufe des Jahres publiziert.
Und schließlich gibt es in der letzten Ausgabe des Netherlands Quarterly of Human Rights einen Artikel von Social Justice-Teammitglied Julia Planitzer über Berichterstattungspflichten von Unternehmen und ihr Potential, Menschenhandel zu vermeiden.